Die Skoliose-OP
Informationen rund um die Skoliose-Operation als Behandlungsform.
Wie wird entschieden, ob eine Skoliose-Operation erforderlich ist oder nicht?
Anhand der klinischen Untersuchung und des Röntgenbildes wird entschieden, ob noch eine Korsettbehandlung möglich ist oder ob man an eine Operation in Erwägung ziehen muss. Da es sich bei einer Skoliose nicht per se um eine lebensbedrohliche Erkrankung handelt, kann der Arzt immer nur eine Empfehlung geben. Entscheiden muss dann, nach Beratung durch einen auf Skoliose spezialisierten Arzt, letztendlich die Patientin, der Patient beziehungsweise die Eltern selbst.
Man sollte sich genug Zeit nehmen, alle Vor- und Nachteile abzuwägen. Auch eine Zweitmeinung kann hilfreich sein, sollte aber von jemandem kommen, der sowohl in der operativen als auch der konservativen Behandlung Erfahrung hat. Oft wird Patienten von anderen Betroffenen oder Ärzten Angst gemacht, die die modernen Verfahren gar nicht kennen. Bedenken sollte man, dass es vor allem darum geht, zukünftig Probleme zu vermeiden und nicht darum, was in diesem Moment am angenehmsten erscheint.
Wann sollte eine Skoliose operiert werden?
Erfreulicherweise muss nur ein geringer Anteil der Skoliose-Patientinnen und -Patienten operiert werden. Grundsätzlich gibt es Situationen, in denen die Skoliose bereits sehr früh im Wachstum auftritt und sich rasch verschlimmert. Oft können in einem solchen Fall selbst eine konsequente Korsettbehandlung und zielgerichtete Physiotherapie auf Dauer nicht die gewünschte Korrektur erreichen.
Liegt eine Krümmung von mehr als 40-50 Grad vor, besteht die Gefahr der langsamen Verschlimmerung, auch nach Abschluss des Wachstums. Aus diesem Grund sollte die Wirbelsäule dann operativ begradigt werden, um zu verhindern, dass sich langfristig größere Probleme entwickeln. Je früher die Skoliose-Operation in diesem Stadium durchgeführt wird, desto kleiner und weniger invasiv wird sie. Denn mit zunehmendem Ausmaß der Krümmung wird die Operation komplexer und die Versteifungsstrecke umso länger. Das bedeutet, wartet man in einem solchen Fall zu lange, verformen sich oft auch bereits die Wirbelkörper und Bandscheiben der Nachbargebiete. Dadurch müssen Bereiche in die Operation eingeschlossen werden, die ursprünglich gar nicht betroffen waren.
Ziel einer Skoliose-Operation ist die Begradigung der Hauptkrümmung, damit Nachbarsegmente nicht mehr schräg belastet werden und die bereits erfolgte Abnutzung gebremst wird. Natürlich geht es genauso um eine optische Verbesserung. Durch die Operation werden die Taillen wieder symmetrisch, der Buckel verschwindet und in der Regel wird man dadurch auch etwas größer.
Was sollte man bei einer Operation beachten?
Bevor die Entscheidung für eine Operation getroffen wird, sollten sich die Familien eine Expertenmeinung einholen. Nur wenige Orthopäden und Wirbelsäulenchirurgen behandeln regelmäßig Skoliosen und kennen alle modernen konservativen und operativen Behandlungsmöglichkeiten sowie OP-Techniken. Auf diesem hochspezialisierten Gebiet ist es durchaus üblich, nach einer Operationsempfehlung auch die Meinung eines weiteren Spezialisten mit großer Erfahrung in den verschiedensten OP-Techniken einzuholen.
Wichtig ist, dass die Therapie im Krankenhaus regelmäßig durchgeführt wird, sich alle beteiligten damit auskennen und auch die notwendige Ausstattung zur Verfügung steht. Auf jeden Fall sollte es die Möglichkeit eines Neuromonitorings (Überwachung des Rückenmarkes und der Nervenfunktion), eine eigene Intensivstation, die Möglichkeit einer Schmerztherapie mittels Periduralkatheter und eine Röntgenabteilung, die Wirbelsäulenganzaufnahmen, Computertomographien und MRT anfertigen kann, geben. Neben dem Operateur sollten auch die Anästhesisten, das Pflegeteam und das Physiotherapie-Team Erfahrung mit der Operation und Nachbehandlung haben.
Operationsmethoden
Welche Operationsmethoden gibt es und wann sollte welche Methode angewendet werden?
Prinzipiell kann man die Wirbelsäule von vorne (ventral) oder von hinten (dorsal) operieren. Jede Methode hat ihre Vor- und Nachteile sowie Indikation. Die heutigen Methoden sind sicherer und effektiver, sodass die Versteifungsstrecke viel kürzer gewählt werden kann als früher. Bei rechtzeitiger Operation, muss in der Regel nur die strukturelle Hauptkrümmung operiert werden. Die Nachbarkrümmungen können sich oft selbst begradigen. Die Beweglichkeit der Restwirbelsäule wird somit noch gut erhalten.
Wann, mit welcher Methode und wie viel operiert werden muss, ist eine ganz individuelle Entscheidung und erfordert sehr viel Erfahrung des behandelnden Facharztes. Das Vorgespräch ist daher sehr wichtig und wir nehmen uns viel Zeit dafür. Der folgende Überblick stellt die gängigsten Verfahren vor.
Ventrale Skoliose-Operation
Bei der Operation von ventral, also von vorne, wird entweder durch den Brustkorb oder den Bauch mit seitlichen Zugängen der vordere Anteil der Wirbelsäule erreicht. Diese Methode war bis vor einigen Jahren sehr populär, weil besonders kurzstreckig operiert werden konnte. Sie eignet sich jedoch nur für einbogige Krümmungen der Brust- oder Lendenwirbelsäule und hat den Nachteil, dass der Brustkorb geöffnet werden muss, wovon man sich einige Zeit erholen muss.
45 jährige Frau mit alter idiopathischer Skoliose
16 jähriger Junge mit primär thorakaler Krümmung
Dorsale Skoliose-Operation
Der Großteil der Skoliosen wird heute von hinten, also dorsal, operiert. Dank moderner Systeme sind ähnlich kurze Operationsstrecken möglich. Patientinnen und Patienten liegen während des Eingriffs auf dem Bauch und die Wirbelsäule wird durch einen mittigen geraden Schnitt freigelegt.
Anschließend werden Schrauben in den Wirbelköpern verankert, an denen die einzelnen Wirbel dann ausgerichtet werden können. Durch neue Techniken mit Schrauben, die auch eine Drehung (Derotation) der einzelnen Wirbelkörper erlauben, können mittlerweile ähnlich gute Ergebnisse, wie mit der Skoliose-OP von vorn, erzielt werden. Desweitern können von hinten zusätzlich noch die Wirbelgelenke gelöst werden, um die Wirbelsäule flexibler zu machen. Der Rippenbuckel wird durch Osteotomien der Rippen korrigiert und Schmerzkatheter werden entsprechend eingelegt.
Thorakale Krümmung Th 3 bis 12 von dorsal
Thorakolumbale Krümmung Th 10 bis L3 von dorsal
Am Ende der Skoliose-Operation wird immer Knochen angelagert, damit die Wirbel zusammenwachsen. Man spricht von einer Spondylodese oder Fusion. Wenn diese ausbleibt, lockern sich die Schrauben auf Dauer wieder. Deswegen ist es wichtig, sich im Zuge der Rehabilition zu schonen, bis alles verheilt ist.
Es gibt auch Techniken bei denen die Knochen nicht zusammenwachsen sollen, weil die Patientin beziehungsweise der Patient noch wächst. Man spricht hier von sogenannten Non-Fusion Techniken. Dazu gehören wachstumslenkenden Verfahren wie zum Beispiel Magec-Stäbe, VEPTR und anterior tethering.
Magec-Stäbe
Die Magnetstäbe (Magec Stäbe, engl. Magec rods) werden nur oben und unten an der Wirbelsäule fixiert und dann in die Länge gezogen - ähnlich, wie das früher mit den Harrington Stäben erfolgte. 2 bis 4mal im Jahr wird über einen Magneten der Stab um einige Millimeter verlängert, bis die erforderliche Größe erreicht ist. Anschließend wird er wieder entfernt und eine konventionelle Spondylodese und Korrektur durchgeführt.
Der Wachstumsstab dient also vor allem dazu, die Zeit bis zur endgültigen Skoliose-Operation zu überbrücken, wenn eine Korsettversorgung nicht ausreichend ist. Auch wenn der Knochen noch nicht fusioniert (versteift) wird, ist man damit nicht beweglicher. In dem Bereich, in dem der Stab angebracht ist, ist die Wirbelsäule komplett unbeweglich. Die OP-Strecke ist in der Regel länger als bei den modernen Fusionsverfahren und da immer die Gefahr der Stablockerung oder des Stab-Bruchs besteht, ist man sportlich sehr eingeschränkt. Manchmal kommt es sogar zu einer spontanen Fusion der Wirbelsegmente allein durch die Ruhigstellung. Daher wird diese OP-Methode nur empfohlen, wenn eine Korsettbehandlung nicht möglich und die Patientinnen und Patienten für die endgültige OP noch deutlich zu jung sind. Für viele sehr junge Patientinnen und Patienten sind die Magnetstäbe die einzige Möglichkeit.
VEPTR - Vertikal Expandierbare Titan-Rippenprothese
Beim VEPTR-Verfahren werden Vertikal Expandierbare Titan-Rippenprothese (englisch Vertical Expandable Prosthetic Titanium Ribs) als Wachstumsstäbe nicht an der Wirbelsäule, sondern an den Rippen angebracht. Ursprünglich wurde diese Methode für Fehlbildungen des Brustkorbes entwickelt. Mittlerweile wird es aber auch für Skoliosen, vor allem bei neuromuskulären Grunderkrankungen, verwendet. Diese Verfahren lässt sich ebenfalls mit Magnetstäben kombinieren, sodass bei Patientinnen und Patienten nicht mehrfach im Jahr, unter Narkose, entsprechend verlängert werden muss. Bei idiopathischen Skoliosen findet das VEPTR-Verfahren nur in Ausnahmefällen Anwendung.
Wachstumslenkung (Vertebral Body Tethering - VBT)
Bei der VBT Methode, auch auch Anterior tethering genannt wird, wird operativ von vorne-seitlich an der Wirbelsäule ein sehr festes Band angebracht. Es soll das Wachstum auf der Konvexseite gebremst werden, damit die kürzere konkave Seite nachwachsen kann. Die Korrektur erfolgt also nicht bei der Operation, sondern erst allmählich während des Wachstums.
Gedacht ist es für Patientinnen und Patienten mir sehr flexibler Krümmung, die jedoch schon so weit fortgeschritten ist, dass man davon ausgeht, dass eine Korsettbehandlung allein nicht zum Erfolgt führt. Da noch eine Restbeweglichkeit erhalten bleibt, wird es auch als "Begradigung ohne Versteifung" propagiert und zunehmend auch bei ausgewachsenen Patientinnen und Patienten eingesetzt. Für diese ist es aber eigentlich nicht vorgesehen.
Aktuell wird es empfohlen für Krümmungen zwischen 35 und 70 Grad, die sich spontan um 50 Prozent und mindestens unter 30 Grad korrigieren lassen. Der optimale Zeitpunkt ist zu Beginn der Pubertät, wenn noch genügend Wachstumspotential vorhanden ist. Um dies zu bestimmen, sollte die Hand geröntgt werden. Setzt man das System zu spät ein und korrigiert vornehmlich nur über die Seile, dann ist die Gefahr groß, dass diese reißen. Setzt man das System zu früh ein, besteht die Gefahr der Überkorrektur, weil das Restwachstum schwer vorhersehbar ist.
Wie lange das funktioniert, ob die Wirbelsäule dann irgendwann doch versteift oder das Band ausreißt und wie es dann weitergeht, ist noch nicht abschließend geklärt, weil es keine Studien gibt, die die Patienten länger als fünf Jahre beobachtet haben. Für einige Patienten, die kurz vor Beginn oder am Anfang der Pubertät schon eine starke Krümmung haben, könnte dieses System durchaus auch dauerhaft von Vorteil sein. Es sollte jedoch nicht grundsätzlich als Ersatz für eine Korsettbehandlung gesehen werden.
Die Operation
Was genau passiert bei der Skoliose-Operation?
Da ein Großteil der Operationen von dorsal, also hinten, durchgeführt werden, gehen wir hier besonders darauf ein.
Nachdem Patientinnen und Patienten in Narkose versetzt wurden, werden sie auf dem Bauch gedreht und sehr gut gepolstert, um Druckstellen zu verhindern. Das Neuromonitoring wird angeschlossen, damit während der gesamten Skoliose-OP beobachtet werden kann, ob das Rückenmark weiterhin funktioniert. Anschließend wird die Wirbelsäule in dem Bereich, in dem sie begradigt werden soll, freigelegt. Zunächst werden die Gelenke und Bänder entfernt, damit die Wirbelsäule beweglicher wird. Anschießend werden Verankerungspunkte an den einzelnen Wirbeln gesetzt.
Meistens werden dazu Schrauben in die Wirbel (Pedikel) gedreht. Falls diese Wirbel zu klein für Schrauben sind, können auch Haken oder Bänder am Wirbelbogen angebracht werden. Anschließend werden zwei Stäbe aus Titan oder Cobaltchrom-Stahl in die Form gebogen, die die Wirbelsäule nach der Operation haben soll. Man muss eine genaue Vorstellung davon haben, wie viel Korrektur möglich ist und wie die Wirbelsäule am Ende der Operation aussehen soll, um die Stäbe richtig zu biegen. Anschließend werden die Wirbel mit den Schrauben an den Stäben ausgerichtet. Dafür gibt es eine Reihe verschiedener Techniken, die sich ständig weiterentwickeln. Auch haben die Schrauben einige High-Tech Funktionen, die verschiedene Korrektur-Manöver erlauben.
Nach der Korrektur wird nochmals die Nervenfunktion überprüft und die Lage der Schrauben sowie die Korrektur selbst mittels Röntgenbildern noch im OP-Saal kontrolliert. Zum Schluss wird Knochen angelagert, damit die Wirbel zusammenwachsen können. Ist der Rippenbuckel sehr groß, kann es sein, dass die Rippen durchtrennt werden, um ihn zusätzlich zu korrigieren.
Vor dem Wundverschluss werden noch ein bis zwei Schmerzkatheter im Wirbelkanal platziert, über die die nächsten Tage Schmerzmittel direkt ans Rückenmark appliziert werden. Am Ende wird ein Verband aufgelegt und die Patientinnen und Patienten werden behutsam ins Bett gelegt. Sobald die Personen aufwachen, wird nochmals kontrolliert, ob auch alles gut bewegt werden kann. Ist das der Fall, werden sie auf unsere Intensivstation gebracht, wo die Eltern, in der Regel, bereits warten.
Welche Risiken gibt es bei einer Skoliose-OP?
Auf Grund des hohen Spezialisierungsgrades liegt das Risiko einer Komplikation unter 1 % und wird dank moderner OP-Methoden immer geringer. Während der gesamten Operation wird das Rückenmark, mittels Neuromonitoring, überwacht. Über die gesamte Skoliose-Operation hinweg schlafen Patientinnen und Patienten tief und fest. Ein Aufwachtest, so wie früher, ist somit nur noch sehr selten erforderlich. Ansonsten gelten die allgemeinen OP-Risiken, wie für jeden anderen Eingriff. Zum Beispiel kann es bei jeder Operation zu einer Nachblutung oder einer Entzündung der Wunde kommen.
Ein Risiko im Operationsverlauf ist, dass sich die Schrauben wieder lockern, bevor der Knochen zusammengewachsen ist. Dann müssen die Schrauben eventuell noch einmal ausgetauscht und neuer Knochen angelagert werden
Habe ich nach einer Skoliose-OP Schmerzen?
Jede Operation verursacht Schmerzen, aber es gibt mittlerweile sehr effektive Möglichkeiten, sie zu behandeln. Wie schmerzhaft eine Operation ist, hängt vom Ausmaß ab. Je länger die OP-Strecke und je größer die Korrektur, desto länger braucht man, um sich zu erholen. Unangenehm ist vor allem, wenn gleichzeitig die Rippen durchtrennt werden müssen, was oft bei Krümmungen über 80° der Fall ist. Wenn aber "nur" eine Krümmung zwischen 50 und 70° korrigiert werden muss, erholt man sich in der Regel zügig.
Am Ende der Skoliose-Operation legen wir immer ein bis zwei sogenannte Periduralkathetet ein. Das sind dünne Schläuche, über die Schmerzmittel direkt appliziert werden kann. Damit werden die Schmerzen direkt nach der OP sehr effektiv behandelt und die Katherter bleiben solange liegen, bis man mit normalen Schmerztabletten zurechtkommt. Wie viele Schmerzmittel man braucht, ist unterschiedlich und wird vom Patienten selbst bestimmt. Sobald man wieder zu Hause ist, werden sie schrittweise weggelassen, bis man nach einigen Wochen ganz ohne zurechtkommt.
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