Hüftdysplasie

Definition

Bei der Hüftgelenksdysplasie oder -unreife (siehe Video) handelt es sich um eine Entwicklungsstörung im Bereich der Hüftgelenkpfanne. Hierbei ist der Ausreifungszustand der Hüftgelenke bei Neugeborenen verzögert oder gestört. Die Hüftpfanne ist bei der Hüftdysplasie noch nicht ausreichend verknöchert, wodurch sie zu flach und steil ist, um den Hüftkopf des Oberschenkels ausreichend zu stabilisieren. Bleibt die Hüftdysplasie unbehandelt, kann es zu einer Hüftgelenkausrenkung (Luxation) kommen.

Diese Erkrankung ist die häufigste Fehlbildung des wachsenden kindlichen Skelettes, auch unter Berücksichtigung regionaler Unterschiede. Unbehandelt sind die Kinder und später Erwachsene mit einer eingeschränkten Gehfähigkeit und einem frühzeitigen Verschleiß des Hüftgelenks (Cox-Arthrose) konfrontiert. In Mitteleuropa tritt die Hüftdysplasie bei ca. zwei bis vier Prozent der Neugeborenen auf, wobei Mädchen häufiger betroffen sind als Jungen. In den meisten Fällen ist die linke Seite geschädigt.

Die Hüftluxation, das „ausgerenkte Hüftgelenk“, beschreibt die schwerste Form der Hüftdysplasie. Es gibt mehrere Risiko-Faktoren, die das Krankheitsbild begünstigen können:

  • Familiäre Häufung
  • Beckenendlage
  • Fruchtwassermangel

Diagnose

Nur in wenigen Fällen können die Hüftdysplasie und -luxation im Säuglingsalter klinisch durch einen Arzt, z. B. durch die Abspreizhemmung eines Beinchens, diagnostiziert werden. Die einzige sichere Methode, zur Früherkennung einer Hüftdysplasie und Einleitung einer schnellstmöglichen Therapie, ist der Hüftultraschall nach Graf beim Neugeborenen kurz nach der Geburt. Aus diesem Grund ist ein Ultraschallscreening seit 1996 im Rahmen der U3 (4. bis 6. Lebenswoche) mittels Sonografie nach Graf Standard.

Ziel des Screenings nach Graf ist die frühzeitige Erkennung einer Hüftreifungsstörung, um schnellstmöglich mit der Therapie beginnen zu können. Die Ultraschalluntersuchung wird mittels eines 7,5 MHz-Linearschallkopfes, also komplett ohne Strahlenbelastung für das Kind, durchgeführt. Diese Untersuchung ist risikofrei und daher sehr gut für die Untersuchung von Babys, bereits ab dem 1. Lebenstag bei vorliegenden Risikofaktoren, geeignet. Zur Beurteilung der Säuglingshüfte werden zwei Winkel angewandt: Alpha und Beta. Der Alpha-Winkel sollte bei einer reifen Hüfte, unabhängig vom Alter mehr als 60° betragen.

Je früher eine Fehlstellung festgestellt wird, desto besser lässt sie sich behandeln. Da die Hüftreifung zwischen der 4. und 8. Lebenswoche exponentiell ansteigt, ist die Therapie in dieser Zeit am effektivsten und die Dauer der Behandlung am kürzesten. So lassen sich operative Maßnahmen oft vermeiden.

Ablauf der Sonografie nach Graf

Das Baby wird zunächst in Seitenlage in eine passende Baby-Schale gelegt. Die Mutter steht daneben und hält Kontakt zum Kind. Zum einen beruhigt es das Kind und zum anderen kann die Mutter die Untersuchung besser begleiten.

Bei der ärztlichen Untersuchung wird der Ultraschallkopf über den Unterrand des Darmbeins (Os ilium) geführt. Dies erfolgt auf beiden Seiten der Hüfte. Anhand dieser sonographischen Bilder werden die Winkel bestimmt. Anschließend erfolgt eine klinische Untersuchung von Hüfte, Wirbelsäule und Fußstellung.

Klassifizierung der Hüftdysplasie nach Graf

Typ I: Voll ausgereifte Hüfte und das Pfannendach liegt über dem Hüftkopf.

Typ II: Das Verhältnis der knöchernen zur knorpeligen Struktur der Pfanne ist unausgewogen – die knorpelige und damit instabilere Struktur dominiert.

Typ III: Die Hüftpfanne ist schlecht verknöchert wodurch sie sehr flach ist und keinen Halt gibt. Diese Typ entspricht der sogenannten Hüftkopfluxation.

Typ IV: Komplette Verdrängung Pfannen-Struktur, weshalb sich über dem Hüftkopf kein Knorpel befindet. Es entsteht eine tiefgreifende Instabilität. 

Behandlung

In unserer Klinik wird die Säuglingshüftsonografie nach Graf sowohl bei der U3 als auch nach einer Überweisung vom behandelnden Kinderarzt durchgeführt. Falls erforderlich werden erste Behandlungsmaßnahmen vorgenommen.

Bei Vorliegen einer Hüftdysplasie, bzw. Hüftreifungsstörung wird nach einer ausführlichen Aufklärung die Therapie begonnen. Eine der Optionen ist eine Hüftbeugeschiene, auch Tübinger-Schiene  genannt. Diese wird noch in der Klinik angelegt und die Eltern erhalten eine ausführliche Erklärung und Einweisung in die Anwendung und Handhabung. Die Hüftbeugeschiene bringt die Beine des Babys in die optimale Position und ermöglicht so der Hüftpfanne die notwenige Zeit für die Nachreifung. Die optimale Position der Baby-Beinchen ist eine gebeugte Haltung in einem über 90 Grad großen Winkel, wobei die Beinchen leicht nach rechts und links abgespreizt sind. Durch die besondere Konstruktion der Hüftbeugeschiene engt sie das Baby nicht ein und ist für Eltern pflegeleicht und anwenderfreundlich. 

Durch eine schmerzfreie Behandlung mit Hilfe einer Hüftbeugeschiene kann man die Form des Hüftgelenks in fast allen Fällen innerhalb weniger Wochen bis Monate normalisieren. Auf diese Weise lassen sich im Erwachsenenalter die Spätfolgen der angeborenen Hüftdysplasie in aller Regel vermeiden.

Im Rahmen der Behandlung sind regelmäßige sonografische und klinische Verlaufskontrollen in festgelegten Abständen sehr wichtig, um den Behandlungsverlauf zu kontrollieren und das beste Behandlungsergebnis zu erzielen. Die Behandlung ist abgeschlossen, wenn das Hüftgelenk ausgereift ist und sich die Entwicklung normalisiert hat.