Jährlich leiden rund 40 Prozent aller Menschen mindestens einmal an Schmerzen der Wirbelsäulen. Der Schmerz ist hierbei ein akutes Warnsignal des Körpers auf eine Gewebsschädigung, meist der Muskulatur. Wenn Schmerzen länger als zwölf Wochen bestehen, spricht man von einem chronischen Schmerz.
Auch dieser Schmerz hat in den meisten Fällen eine strukturelle Ursache und lässt sich mit Verschleißerscheinungen (Facettengelenksarthrose), Fehlstellung der Wirbelsäule (Degenerationen) oder einer Schwäche der Muskulatur (Sarkopenie) und statischen Fehlhaltungen erklären. Begleitet wird der chronische Schmerz häufig durch eine zunehmend psychische Beeinträchtigung (Vermeidungsangst, Frustration und Traurigkeit).
Für eine erfolgreiche Therapie ist die Befragung der Patientin oder des Patienten, eine klinische Untersuchung und eine Bildgebung (Röntgen, ggf. MRT) notwendig, um die Therapie optimal planen zu können.
Dreiwöchiges Behandlungs- und Therapiekonzept
Vor einer stationären Aufnahme werden die ambulanten Therapieoptionen ausgeschöpft. Hierzu zählen die Einnahme von Schmerzmedikamenten, detonisierende Maßnahmen wie manuelle Therapie und Wärmetherapie sowie krankengymnastische Beübungen.
Sollten die ambulanten Therapien zu keiner Verbesserung der Schmerzen und Funktionseinschränkung führen, hilft die stationäre Komplexbehandlung der Wirbelsäule die Schmerzen zu reduzieren, die Körperhaltung und -funktion zu verbessern und mögliche weiter Therapieoptionen, wie zum Beispiel eine Operation, zu vermeiden.
In einem dreiwöchigen Behandlungs- und Trainingskonzept werden in Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Berufsgruppen (Orthopäden, Physiotherapeuten, Psychologen und Pflegekräften) die individuellen Beschwerden der Patientin oder des Patienten analysiert und in einem gemeinsamen Behandlungsplan der Therapieablauf festgelegt, regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst.
Es kommen die verschiedensten Therapiemöglichkeiten zum Einsatz. Durch die manuelle Therapie und die physikalischen Anwendungen (Wärme, Massage, Elektrotherapie) sowie progressive Muskelentspannungsübungen wird eine Lockerung und Entspannung der Muskulatur herbeigeführt.
Zielgerichtete Infiltrationen, größtenteils unter Röntgenkontrolle, sollen den Schmerz am Ursprungsort reduzieren. Hier werden peridurale Infiltrationen, periradikuläre Infiltrationen (Nervenwurzeln) und die Facettengelenke sowie das Kreuzdarmbeingelenk infiltriert. Bei wiederholt positivem Ansprechen auf die Infiltrationen können auch thermische Verfahren zur Reduzierung von Schmerzen an den Zwischenwirbel- und dem Kreuzdarmbeingelenk erfolgen (sog. Radiofrequenztherapie).
Durch eine psychologische Begleitung sowie regelmäßige Vorträge wird die Schmerzverarbeitung und -wahrnehmung verbessert und individuelle Strategien vermittelt, um körperlich aktiv sein zu können.
Neben den oben genannten Therapien liegt ein wesentlicher Schwerpunkt der stationären Komplexbehandlung auf der Krankengymnastik und der Medizinischen Trainingstherapie, um die Muskulatur zu kräftigen, die Körperhaltung zu verbessern und die Funktionsfähigkeit wiederherzustellen. Ziel dieser interdisziplinären Therapieform ist dem Patienten eine aktive Teilnahme im Alltag sowie im Berufsleben und der Freizeitgestaltung wieder zu ermöglichen.
Dr. med. Andreas Redder
Oberarzt Klinik für Wirbelsäulentherapie, Wirbelsäulen- und Skoliosezentrum